Rückblick: Die Geschichte der VU

Blick in die Werkstatt der Niederlassung Weiterstadt.
Blick in die Werkstatt der Niederlassung Weiterstadt.

Anfänge öffentlichen Busverkehrs unter DB- und DBP-Regie

Überall im (heute "alten") Bundesgebiet hatte der Bund den beiden sich im Staatsbesitz befindlichen Institutionen Deutsche Bundesbahn (DB) und Deutsche Bundespost (DBP) die Beförderungsverpflichtung für öffentlichen (Regional-)Busverkehr übertragen (die der Bund gemäß Eigenverpflichtung sonst hätte selbst ausfüllen müssen). Die DB ihrerseits hatte die Bedienung ihres Busverkehrs bereits damals subsidiär an jeweilige Regionalstellen abgegeben, die zentral sowohl über Einrichtungen zur Fahrzeuginstandhaltung, -setzung, -pflege (z.B. Abstell- und Waschhallen, Werkstätten etc.) als auch natürlich über Busse und Betriebsfahrzeuge verfügten. Ähnlich verhielt es sich bei der Bundespost, wobei diese aufgrund ihrer Präsenz (aufgrund Postverteilung) vor Ort z.B. auch über kleine Postämter mit angebauter Garage für nur einen einzelnen Bus verfügten. Die DB-Hauptstandorte wurden im Bewusstsein gepflegten Beamten-Deutsches als "GBB"s (Geschäftsbereiche Bahnbus) bezeichnet. Wie in allen größeren Bundesländern verfügte auch Hessen damals bereits über unterschiedliche GBBs: Den "GBB Kurhessen" mit Hauptsitz in Hessens nördlichster Großstadt (Kassel) und den "GBB Untermain" in Frankfurt.

Viele Jahre lang existierten so Bahnbusdienst (dunkelrote Fahrzeuge) und Postbusdienst (gelbe Fahrzeuge, meist mit Briefkästen) nebeneinander her. Private Linienverkehrsunternehmen wurden zwangsläufig klein gehalten, da der Staat die Konzessionen fast ausschließlich bei sich behielt und die Privaten somit von den DB-Aufträgen zwar abhängig waren, aber in der Regel auch über langjährige Planungssicherheit verfügten. Anders verhielt es sich bei den teils großen städtischen Verkehrsbetrieben (Stadtwerken u.ä.), doch da diese über die Eigentümerschaft der Städte selbst ebenfalls staatsabhängige Unternehmen waren, machten sie keine Versuche, sich dieses Feld zu eröffnen. Auch der Deutschen Busindustrie war das mehr als recht, denn DB und DBP kauften als wichtigste Großkunden bei allen Herstellern gleichermaßen und fast jeden Typ, der sich irgendwie für ÖPNV eignete. Insbesondere die DB bestellte auch gerne Reisefahrzeuge für ihr Geschäftsfeld "Bahnbusreisen", wobei diese Fahrzeuge dann schlicht den sich dafür eignenden GBBs zugeordnet wurden. Es verwundert daher nicht, dass die Hersteller insbesondere ihre Linienbusse fast immer auch auf die Bedürfnisse von DB und DBP zuschnitten und sich damit das Aussehen und Interieur der Fahrzeuge verschiedener Marken stark anglich (Stichwort: VÖV-Standard I).  

Überbleibsel vergangener Zeiten: Haltestellenschild in Offenbach (M) Hbf.
Überbleibsel vergangener Zeiten: Haltestellenschild in Offenbach (M) Hbf.

Die Bundespost überlässt der Bundesbahn das Feld

Nach Jahren "trauter Zweisamkeit" musste die Deutsche Bundespost (DBP) nach dem Willen des Bonner Bundesverkehrsministeriums schließlich ihren Tätigkeitsbereich Postbusdienst aufgrund der geplanten engeren Konzentration auf den reinen Postdienst an die Bundesbahn abgeben. Daher gingen viele gelbe Busse mit Briefkästen und "BP-" (Bundespost)-Behördenkennzeichen in den Bestand der bahneigenen GBBs über und führten nun gemischt mit ihren dunkelroten "Verwandten" (der DB) den Verkehr gemeinsam durch. Auch die Konzessionen der "Post" wurden natürlich von der "Bahn" übernommen und die DB avancierte so (zumindest im Überlandbusverkehr) zum Monopolisten in Deutschland (wobei sich Bahn und Post auch vorher nicht konkurriert hatten). Dies sollte jedoch nicht lange der Fall bleiben, denn eine viel einschneidendere Veränderung als die letzte sollte nämlich noch kommen: Im letzten "Schuld" daran trug die Deutsch-Deutsche Einigung, nach der Menschen in Ost und West wieder eine Nation bilden sollten und man es natürlich nicht nur bei den Menschen natürlich belassen wollte: So hatte Deutschland nun plötzlich zwei Bahnen - die wirtschaftlich starke und weitestgehend moderne Bundesbahn (einst Stolz der Bonner Regierung) sowie die im Osten agierende, völlig marode DR (Deutsche Reichsbahn der DDR), die den sich plötzlich ergebenden „Wettbewerb“ vermutlich nicht überlebt hätte. Deshalb wurde die DR schließlich zunächst auf die DB verschmolzen, und für kurze Zeit gab es so eine Bundesbahn für Ost UND West. Doch der Privatisierungswille der Bundesregierung in Bezug auf die nun geschwächte und durch die DR-Übernahme nun noch teurere Bahn (Slogan "Unternehmen Zukunft: Deutsche Bahn") hielt an, und so wurde die Deutsche Bahn AG (DB AG) gegründet; ein privatrechtliches Unternehmen, dessen Mehrheit jedoch (bis zum heutigen Tag) noch immer der Staat besitzt, zugleich aber einer der größten Mobilitätsanbieter der Welt. Die Tage der guten alten Bundesbahn jedenfalls waren also seit jenem denkwürdigen Oktobertag gezählt.

Das Logo der noch jungen VU.
Das Logo der noch jungen VU.

Aufstieg und Niedergang der VU

Mit der Überführung der DB in die DB AG ging (aufgrund der staatlichen Besitzverhältnisse) zwar auch der öffentliche Beförderungsauftrag (beim Ausfall von Privatunternehmen, auch Nicht-Auftragnehmern der Bahn, ist die DB AG in der Pflicht) auf die neue Bahn über. Die "Bahnreform" nutzte man aber dennoch, um den nun geschaffenen Konzern zu modernisieren und den Marktverhältnissen anzupassen: Die ehemaligen GBBs der DB wurden ebenfalls privatisiert, und so wurden aus den beiden Hessischen GBBs Kurhessen und Untermain die "Regionalverkehr Kurhessen GmbH" (RKH) bzw. die "Verkehrsgesellschaft mbH Untermain" (VU). Allmählich, aber stetig, lockerten sich dann auch die Wettbewerbseintrittsbarrieren für private Busunternehmen, da durch die Privatisierung die DB/DB AG ihr Monopol weitestgehend verloren hatte. Aber just die Hessische Landesregierung zeigte sich besonders engagiert, einen großen Wettbewerb und Kostendruck in der Vergabe von Buslinien entstehen zu lassen, um die Kosten im Nahverkehr senken zu können. Für den RKH bedeutete dies zunächst kein allzu großes Problem, da man als Verkehrsunternehmen in einem eher strukturschwachen und weiten Raum z.B. über ein ausgefeiltes Netz von Niederlassungen verfügte, welches sich ein eventuell aussichtsreicher Wettbewerber hätte ersteinmal aufbauen müssen. Der RKH dürfte also auch seine Preisvorstellungen bei vielen Ausschreibungen durchgesetzt haben; dazu kam, bis auf wenige Ausnahmen, die geringe Attraktivität der Regionen Nord- und Osthessens für große Verkehrsanbieter.

Im Rhein-Main-Gebiet hingegen stand die neue Konkurrenz schnell Schlange: Die Aussicht, rentable Linienpakete gewinnen und sich in einem internationalen bedeutenden Großraum mit seinen Fahrzeugen sehen lassen zu können, schien viele Verkehrskonzerne, auch aus dem Ausland, zu locken. Die VU als eng mit der Bahn verbundenes Unternehmen hatte im Rhein-Main-Gebiet keine Chance gegen Konzerne wie Connex (später Veolia bzw. Transdev; Frankreich), Arriva (Großbritannien) und andere, zumal man auch noch Personalansprüche aus DB-Zeiten genügen musste. Zu Beginn hatte die VU noch Niederlassungen in Limburg, Bad Homburg, Hanau, Neu-Isenburg (Offenbach/M.) und Weiterstadt (Darmstadt) sowie im unterfränkischen Aschaffenburg (als einzig nicht-hessische NL). Limburg wurde als erstes gegen Connex verloren: Deren damalige Tochter Alpina Limburg sicherte sich den Zuschlag für viele Regionallinien (neben dem Stadtverkehr), und im Ergebnis rentierte sich die Aufrechterhaltung einer eigenen VU-Niederlassung (feste Fahrzeugbasis) nichtmehr. Deshalb wurde mit der Bedienung der noch verblieben Linien eben Alpina beauftragt, bis letztere auch diese Linien gewonnen hatte, und die Fahrzeuge umgesetzt. In der Folge mussten bald auch Bad Homburg und Offenbach/M. geschlossen werden. Ein Lichtblick schien der Gewinn von Linien im Frankfurter Stadtverkehr (u.a. die als "Museumsufer-Linie" vermarktete F-46), doch "das Schiff war längst gesunken". Der größte VU-Betriebshof in Weiterstadt blieb zwar gemeinsam mit Hanau als hessische NLs erhalten. Als die Darmstadt-Dieburger-Nahverkehrsorganisation aber zum zweiten Mal unter dem Strich einen Verlust an VU-Konzessionen verkündete, war ihr Schicksal endgültig besiegelt: Zum 1.1.2006 wurde die "Verkehrsgesellschaft mbH Untermain" aus dem Frankfurter Handelsregister gelöscht. DB-Regio Hessen AG und DB-Stadtverkehr GmbH hatten sich geeinigt, die VU in den RKH zu integrieren.

In Bayern: "Main-Spessart-Bus".
In Bayern: "Main-Spessart-Bus".

Wundenlecken und Zukunft hessischen DB AG-Busverkehrs

Glücklicherweise aber ist die VU noch nicht ganz gestorben: Die Marke "VU" mit ihren Produkten "Rhein-Main-Bus" in Hessen (daher die Domain RHEIN-MAIN-BUS.de.VU) und "Main-Spessart-Bus" in Bayern gab es zunächst auch weiterhin. Motiv hierfür waren v.a. der lokale Bekanntheitsgrad und die Kosten für Umlackierungen/Überbeklebungen der Logos. Der Geschäftssitz jedoch wurde ins unterfränkische Aschaffenburg verlegt, und die VU (jetzt nurmehr in Bayern) zu einem Unternehmen der DB Stadtverkehr Hessen GmbH (inzwischen unter Regie der Omnibusverkehr Franken (OVF, Nürnberg/Würzburg)). Trotzdem gab es auch in Hessen noch drei Busbetreiber, die zur DB AG gehören: Zunächst natürlich bereits vielfach erwähnter RKH, dann die Deutsche Touring Gesellschaft mbH (DTG; Reiseverkehrstochter der DB AG, Frankfurt), die eine große Anzahl von Reisebussen unterhielt und damit auch Europa-Linienverkehre im Rahmen der "eurolines"-Kooperation durchführte. Zuletzt die "DB Regionalverkehrs GmbH - Kurhessenbahn" (Kassel), die neben Zügen der BR VT628/928 einen einzigen Bus unterhielt (F-DB 4622; MB O407). Dieses Fahrzeug war eine Zeit lang sogar der einzige "echte" deutsche Bahn-Bus, denn er trug nicht nur dieses eindeutige Kennzeichen (F-DB = Kennzeichen vieler Fahrzeuge im DB-Fuhrpark), sondern auch die aktuelle Farbgebung der DB AG-Regionalzüge samt "DB-Keksen" (Logos). Ferner wurde Hessen auch weiterhin von anderen DB AG-Busgesellschaften bedient: Südlich von Darmstadt, also im Gebiet Bergstraße/Hess. Odenwald, fuhr die "Busverkehr Rhein-Neckar GmbH (BRN)"/Rhein-Pfalz-Bus, die ihren Hauptsitz im nordbadischen Mannheim hatte und noch Ludwigshafener Zulassungszeichen nutzte (mittlerweile hat auch der BRN die meisten seiner hessischen Verkehre verloren). In Rheinhessen (RLP), im westlichen Rhein-Main-Gebiet und in der Landeshaupt- und Kurstadt Wiesbaden operiert die "Omnibusverkehr Rhein-Nahe GmbH (ORN)"/Rhein-Nahe-Bus, die ihren Hauptsitz in der gegenüberliegenden Landeshauptstadt Mainz unterhält und eine Niederlassung in Wiesbaden selbst. 

Seltener Anblick: Ein MAN NÜ313 (813) umrahmt von zwei MB O407 (406/104).
Seltener Anblick: Ein MAN NÜ313 (813) umrahmt von zwei MB O407 (406/104).

Fahrzeugtypen der VU früher und heute

Die VU hatte in ihrer Geschichte viele verschiedene Typen im Einsatz. Die Mercedes O307, die noch von der DB beschafft wurden, kamen anfangs noch in großen Stückzahlen zum Einsatz. Die DB hatte jedoch auch bereits den Kauf des Nachfolgetyps, MB O407, erwirkt. Sogar den letzten überhaupt von der Deutschen Bundesbahn bestellten und in Dienst gestellten MB O407 bekam die VU, er wurde der Niederlassung Aschaffenburg zugeteilt. Die O407 wurden auch weiterhin von der VU favorisiert, und wohl weit über 100 Einheiten durchliefen zumindest den Beginn ihres Lebens am hessischen oder bayerischen Untermain. Es wurden jedoch auch andere Fahrzeugtypen von Mercedes-Benz gekauft, so die Typen O408 (Kombibus) und O405 N erster wie zweiter Generation (Niederflurbus), genauso von Setra der Typ S215UL. Doch nochimmer bildete der O407 das Rückgrat im Fuhrpark. Erst mit der Einführung des Setra S315 NF und der RMV-Vorgabe, Niederflurfahrzeuge einsetzen zu müssen, änderte sich das. Der S315 NF avancierte zum neuen "Flottenbus" der VU und fand in allen Niederlassungen Verwendung; wohl auch, weil Setra in die EvoBus GmbH (Bussparten der Daimler AG) integriert wurde und daher die Technik mindestens Mercedes-kompatibel war. Mit der Zeit kamen auch einige Überlandbusse Setra S315 UL und sogar zwei SG321 UL-Gelenkzüge in den Fuhrpark, welche jedoch aufgrund ihrer Hochflurigkeit meist nur im bayerischen Odenwald sowie im Spessart zu sehen waren. Auch den damals neuen Mercedes-Niederflurwagen O530 "Citaro", kaufte die VU in Überlandvariante in einigen Exemplaren. Vom direkten O407-Nachfolger dagegen, dem "Integro" (O550), nahm man dagegen nur einen Bus (Wagen 400) ab: Dieser war von Anfang an als Transferfahrzeug im Auftrag der BW(Bundeswehr)-Fuhrparkservice GmbH (Deutsche Bahn-Gruppe) gedacht gewesen, und kam so oft in den Gelegenheitsverkehr (intern als "Reisewagen der VU" bekannt), aber nur selten zu Linienehren. In Limburg und später auch Weiterstadt wurden dann zunehmend Busse von MAN gekauft, so die Typen RH 363 (Lion´s Regio), NÜ 313 (A20), NG 363 (A23) sowie sechs Lion´s Midi (A76; für Stadtverkehr Frankfurt). Ein Schattendasein führen dagegen die Wagen 700 und 707, zwei Neoplan N4421-Niederflurgelenkzüge. In Aschaffenburg kamen auch erstmals Setra S415 NF sowie ein Mercedes Citaro Ü der jüngsten Generation in den Fuhrpark.


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